Kremser Literaturforum
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Pizza aus der Mikrowelle

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1Pizza aus der Mikrowelle Empty Pizza aus der Mikrowelle Mo Aug 26, 2013 11:17 am

Andrea Schiffinger

Andrea Schiffinger

Pizza aus der Mikrowelle

Es ist aus. Zwei Wochen schon. Nichts kann mich aufheitern.
Ich selber wollte es doch auch, auch ich wollte nicht mehr,
bin vor Wut zwei Stunden im Pyjama durch die Nacht gefahren;
er hatte gar nicht bemerkt, dass ich weg war.
Aus, jetzt, Gott sei dank habt ich zwei keine Kinder,... meine
Kollegen schenken mir nach, Wein, viel zu viel Wein,...
wo soll ich hin, jetzt wo es aus ist, in die Wohnung zurück
und tun als wäre nichts, zu meinen Eltern und alles erzählen,...
frei wollt ich sein und tun was ich will, jetzt will ich nichts
mehr tun.
Nächster Tag, Kunden fragen mich, erzählen Geschichten vom
Urlaub - kein Urlaub mehr für mich - Kinder laufen vorbei, blonde
Kinder - keine Kinder mehr für mich - versuche freundlich zu sein,
nett, immer nett zu Kunden, Kollegen müssen büßen,...
er ist nichts für dich, sei froh, dass du ihn lost bist - nun bin ich
allein, nicht mehr lustig, mach dir nichts draus - nimm mich -
was wisst denn ihr - Wein am Abend, Aspirin gegen Kopfschmerzen
Baldrian um schlafen zu können.
Wochenende, noch schlimmer, sollte endlich alte Schulsachen
sortieren, Gewand waschen, mich mit alten Freunden treffen,
kann nicht, keine Kraft, keine Lust, keiner hilft mir.
Sonntag, 19 Uhr, "Nur die Liebe zählt - Sat1" Mutter und ich vor
dem Fernseher. "Das haben wir immer zusammen gesehen"
sage ich. Ein Paar küsst sich, Kai Plaume ist zufrieden.
Das Telefon läutet "Für dich!" sagt Mutter "Er" - "Treffen wir uns
in der Pizzeria, in unsrer, jetzt!". In zehn Minuten bin ich fertig,
strahle, was auch immer kommt, besser als dieses Schweigen -
habe meine großen Silberringe angelegt, grünes Top zu grüner
Schminke, grüne Augen trüb vom Weinen. Setz mich hin, zu ihm,
langer Blick - ich zittere "Hab viel gefeiert, viele Frauen
kennengelernt, nichts dabei gewesen, sinnlos, doch mit uns,
hat das noch Sinn?" Ich zittere, schaue in seine Augen, blaue
traurige Augen,... er nimmt meine Hand, silberberingt und
kalt, zittend - Ruhe steigt auf zu meinem Kopf und Wärme.
Seine Augen voller Tränen, meine Augen voller Tränen, ein
Kuß, kein Wort. Können Sie die Pizza einpacken - komm mit
nach Hause - zum Frühstück Pizza aus der Mikrowelle

Andrea Schiffinger, Juni 1998

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